Insight #18: Seit dem 7. September 2021 hat Bitcoin den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels in El Salvador. Nach nur einem Monat besitzen nun mehr Salvadorianer:innen eine Bitcoin-Wallet (Chivo) als ein traditionelles Bankkonto.

Das zentralamerikanische Land El Salvador hat vor wenigen Monaten als erster Staat der Welt beschlossen, Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen. In einem kontroversiell aufgenommenen Schritt von wurde ein entsprechendes Gesetz von Präsident Nayib Bukele vorgeschlagen. Das Bitcoin-Gesetz (spanisch: Ley Bitcoin) wurde am 8. Juni 2021 von der Gesetzgebenden Versammlung El Salvadors verabschiedet und verleiht Bitcoin seit dem 7. September 2021 den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels in El Salvador – neben dem US Dollar. Das bedeutet, dass Bitcoin u.a. obligatorisches Zahlungsmittel wird, welches in der Wirtschaft von Unternehmen akzeptiert werden muss.

Die „Chivo“ Bitcoin-Wallet

Um die Einführung von Bitcoin als Zahlungsmittel zu unterstützen, nutzt El Salvador die Bitcoin-Wallet Chivo. Die offizielle Bitcoin- und Dollar-Wallet der Regierung von El Salvador steht allen Bürger:innen des Landes zum Download auf Smartphones zur Verfügung. Als eine Form des Nutzungsanreizes stellt die Regierung $30 in Bitcoin als Gutschein für all Privatpersonen zur Verfügung, die diese App downloaden und nutzen. Zusätzlich wird die Regierung 200 „Chivo“-Geldautomaten im gesamten Land verteilt aufstellen lassen.

Laut Präsident Bukele haben haben nun in nur einem Monat drei Millionen Menschen die Chivo-Wallet heruntergeladen. Das entspricht ca. 46% der gesamten Bevölkerung des Landes Dies ist deshalb so signifikant, da El Salvador eines jener Länder ist, das einen großen Bevölkerungsanteil aufweißt, der keinen Zugang zu traditionellen Bank- und Finanzdienstleistungen besitzt. Im Jahr 2017 besaßen nur 29% der Salvadorianer:innen ein Bankkonto. Die aktuellsten Zahlen aus 2020 zeigen, dass diese Zahl immer noch nur 30.4% beträgt.

Die Bevölkerung des Landes ist zumeist Unbanked oder Underbanked

Selbst in hoch entwickelten Ländern wie den USA existiert seine signifikante Anzahl an Menschen, die als unbanked oder underbanked gelten. Als „unbanked“ gilt in den USA jemand, der kein Giro- oder Sparkonto bei einem Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC)-versicherten Finanzinstitut besitzt. Der Begriff „underbanked“ bedeutet, dass der betroffene Haushalt zwar ein Giro- oder Sparkonto bei einem FDIC-versicherten Institut besitzt, aber regelmäßig alternative Finanzdienstleistungen (AFS) nutzen muss. 6% der Amerikaner:innen verfügen über kein Bankkonto und sind so auf alternative Finanzprodukte und -dienstleistungen angewiesen. Darunter fallen z.B. Zahltagskredite, Scheckeinlösedienste, Zahlungsanweisungen und Pfandleihgeschäfte. Es herrscht auch eine sehr hohe Abhängigkeit von Bargeld, um das tägliche Leben bestreiten zu können. Jene 16% der Amerikaner:innen, die als underbanked gelten, verfügen zwar über ein Bankkonto, sind aber zusätzlich auf alternative Finanzdienstleistungen angewiesen. Diese können mitunter mit hohen Kosten und unseriösen Angeboten verbunden sein.

Signifikante Einsparungen durch das Bitcoin Lightning Network

Im vergleichsweise weit ärmeren El Salvador ist diese Problematik wesentlich ausgeprägter. Dabei ist das Land zu einem hohen Grad auf sogenannte Rücküberweisungen (Remittances) angewiesen. Unter diesem Begriff versteht man Auslandsüberweisungen, die von Migrant:innen in ihre Herkunftsländer gesendet werden. Oft leben ganze Haushalte von den Heimatüberweisungen ihrer Familienmitglieder, die etwa als Migranten in den USA Geld verdienen. Ganze 24% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von El Salvador im Jahr 2020 wurden von Rücküberweisungen ausgemacht.

Ein signifikanter Anteil dieser Zahlungen kann nun über Bitcoin geschehen – und zwar konkret über das extrem kosteneffiziente Bitcoin Lightning Network. Im Gegenzug hierzu ist die Nutzung von traditioneller Finanzinfrastruktur für Rücküberweisungen mit sehr hohen Kosten verbunden. Präsident Nayib Bukele schätzt, dass gegenüber der Nutzung von Finanzdienstleistern wie Western Union und MoneyGram jährlich 400 Millionen Dollar an Überweisungsprovisionen eingespart werden könnten, sollte die Bevölkerung Bitcoin in großem Umfang annehmen. Der Salvadorianer Mario Gomez Lozada, der als Banker bei Merrill Lynch und Credit Suisse gearbeitet hat und jetzt die Derivatbörse für Kryptowährungen Liquid Global betreibt, glaubt, dass diese Zahl eher bei 1 Milliarde Dollar liegen wird. Diese Einsparungen an Transaktionskosten würden eine signifikante Verbesserung der ökonomischen Umstände in El Salvador bedeuten . Dieser Sichtweise ist jedoch entgegen zu halten, dass die hohen Preisschwankungen von Bitcoin und die damit verbundenen Preisänderungsrisiken viele Nachteile bringen könnten.

Ein hochinteressantes Experiment

Als armes Land mit hoher Kriminalitätsrate und großer Abhängigkeit von Zahlungen aus dem Ausland wird das Experiment von El Salvador zeigen, ob alternative Zahlungssysteme wie Bitcoin nachhaltig Vorteile für einige Volkswirtschaften bieten können. Mehrere weitere Länder prüfen derzeit, ob sie dem Beispiel El Salvadors folgen sollen, während aus einigen Richtungen, wie z.B. dem Internationalen Währungsfonds (IWF), scharfe Kritik zu hören ist. 

 

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Quellen:

Nayib Bukele Bitcoin Law Tweet: https://twitter.com/nayibbukele/status/1402446890466217985
Nayib Bukele Chivo Tweets: https://twitter.com/nayibbukele/status/1409584377915269120
Bitcoin Lightning Network: https://lightning.network/
Forbes – The Costs Of Being Unbanked Or Underbanked: https://www.forbes.com/advisor/banking/costs-of-being-unbanked-or-underbanked/
CNBC – El Salvador’s new bitcoin plan could cost money providers like Western Union and others $400 million a year, says President Bukele: https://www.cnbc.com/2021/09/09/el-salvador-bitcoin-move-could-cost-western-union-400-million-a-year.html
The World’s Unbanked Population https://www.acuant.com/blog/the-worlds-unbanked-population/
Cryptoassets as National Currency? A Step Too Far: https://blogs.imf.org/2021/07/26/cryptoassets-as-national-currency-a-step-too-far/